Von Priestern zum Patriarchen by Harald Samuel

Von Priestern zum Patriarchen by Harald Samuel

Autor:Harald Samuel [Samuel, Harald]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: De Gruyter
veröffentlicht: 2014-09-16T00:00:00+00:00


6.2.2 Jdc 19f.: Der Morgen danach

Die vorstehenden Schlußfolgerungen über den Leviten der Daniten in Jdc 17 f. lassen sich im wesentlichen auch auf den Leviten in Jdc 19,1 und 20,4 übertragen. In der tempel- sowie königslosen und daher prinzipiell chaotischen Zeit ist er als Fremdling irgendwo am Rande des ephraimitischen Berglandes seßhaft (19,1), allerdings stammt seine Frau aus Bethlehem in Juda. Beide Lokalisierungen verdeutlichen die Art der (literarischen) Anknüpfung an Jdc 17f.1503 Die Portraitierung der ehelichen Verhältnisse des Leviten läßt diesen alles andere als vorteilhaft erscheinen: Nicht nur, daß seine Hauptfrau erst gar nicht in den Blick gerät, vielmehr flieht seine Nebenfrau vor ihm aus Zorn zu ihrem Vater (V. 2).1504 Nach immerhin erst vier Monaten nimmt der Levit sich dieses Problems an (V. 2 f.) und die Heimholung scheint, wenngleich erst nach einigen Verzögerungen, zu gelingen (Vv. 4–9). Sie scheitert letztlich in Gibea auf furchtbare Weise. Die benjaminitischen Bewohner jener Stadt erscheinen hier im gleichen Licht wie die Sodomiter,1505 und der Hauptakzent der Polemik ist sicherlich gegen die Benjaminiter im allgemeinen gerichtet. Aber man wird kaum sagen können, daß der Levit, welcher nicht einmal bemerkt, daß seine grausamst mißhandelte Nebenfrau auf der Schwelle des Hauses bereits tot ist, und der die Leiche schließlich in zwölf Teile zerstückelt an die Stämme Israels schickt, auch nur im Ansatz als positiver Held gezeichnet wäre.1506 So weiß man nicht recht, ob der die Ungeheuerlichkeit des Verbrechens konstatierende Vers 19,30 allein auf die Benjaminiter zu beziehen ist oder nicht doch auch auf das Verhalten des Leviten, selbst wenn Jdc 20 lediglich von einer Strafaktion der Israeliten am Stamm Benjamin berichtet und das Tun des Leviten letztlich ohne explizite Verurteilung bleibt.1507

Aus der Absonderlichkeit des Erzählten auf Altertümlichkeit schließen zu wollen, führt auch in diesem Fall in die Irre. Die Geschichte ist – m. E. bereits in ihrer Grundfassung – ebenfalls ein junger Appendix zum Richterbuch,1508 mindestens gilt das aber für die Überarbeitung, die den Mann am Rande des Gebirges Ephraim zu einem levitischen Fremdling macht.1509 Es wird einmal mehr schildert, wie übel es in Israel zuging, bevor Männer wie Samuel und David für geordnete Verhältnisse sorgten: Ein im Gebirge Ephraim lebender Levit,1510 der von Reinheitsvorschriften nichts weiß, unbeteiligt die Vergewaltigung seiner Nebenfrau geschehen läßt und schließlich recht pietätlos deren Leiche zerteilt,1511 ist dabei zwar nur ein Nebenaspekt, aber offenbar das passende Inventar einer solchen Schauergeschichte und damit letztendlich nichts als ein weiterer Beleg für anti-levitische Polemik in später Zeit.



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